Nachdem Herr Jessl vom Personalmagazin Herrn Prof. Scholz um ein Interview zum HPI gebeten hat, und dessen Inhalt auf 2 Sätze verkürzt dargestellt hat, finden Sie nachfolgend den Langtext des Interviews.
Welche Chancen räumen Sie der HPI-Initiative ein, (a) das Thema der Steuerung / Messung / Bewertung von Humankapital stärker in der öffentlichen Wahrnehmung zu verankern und (b) dem HPI-Tool zu großen Nutzerzahlen zu verhelfen?
Zunächst einmal ist daran zu erinnern, dass in der Print-Fassung der Financial Times Deutschland zu dieser Initiative gerade die Prognoseleistung und der Erfolg der Saarbrücker Formel als Begründung für die generelle Sinnhaftigkeit einer Humankapitalbewertung herangezogen wurden.
Ob die HPI-Initiative eine Chance hat, wird davon abhängen, ob sie deutlich über das hinausgeht, was die DGFP, Psychonomics, HCC und andere Protagonisten indikatorenbasierter Ansätzen bisher vorgelegt haben und was sich alles nicht durchsetzen konnte – wobei schon genug zu den Problemen dieser Ansätze gesagt wurde, beginnend mit den Diskussionen um die DGFP-Idee des Personalmanagementprofessionalisierungsindex (PIX) und um diverse andere indikatorenbasierten Geschäftsmodelle.
Unabhängig davon sind alle Aktivitäten, die uns heraus aus der personalwirtschaftlichen Unverbindlichkeit bringen, zu begrüßen. Hierfür haben wir in Saarbrücken – losgelöst von der Saarbrücker Formel – seit langem und gegen fast alle Medien gekämpft, ein Kampf, der zunehmend erfolgreich wird.
Wie bewerten Sie den indikatorenbasierten Ansatz der Initiative im Vergleich zu konkurrierenden Modellen bei Steuerung / Messung / Bewertung von Humankapital?
Diese Frage kann nicht beantwortet werden, da bisher weder Bewertungsergebnisse noch Bewertungsmethoden offen gelegt wurden. Der HPI analysiert aber offenbar über Befragungen und einen „umfangreichen Kriterienkatalog“ personalwirtschaftliche Prozesse, wobei jedoch offen bleibt, wie man die universell-richtige Personalarbeit festlegen möchte. Dass dies nicht über simple Querbeziehungen zu statistischen Erfolgsgrößen geht, liegt auf der Hand und ist seit Jahrzehnten bekannt.
Ob diese HPI-Prozess-Zertifizierung in die aktuelle Wirtschaftslandschaft passt, muss sich herausstellen. Sicherlich ist eine Bewertung von „guter Personalarbeit“ durchaus wichtig, weshalb es ja schließlich Aktionen wie den BestPersAward gibt.
Was wir aber gerade in der aktuellen Diskussion um Kreditwürdigkeit, Managergehälter, Insolvenzgefahr und Sanierungsproblematik brauchen, ist ein verbindlich-monetärer Wert für das Humankapital. Einen solchen monetären Wert liefert der HPI aber nicht. Der HPI erlaubt lediglich eine eher umgangssprachliche Aussage dazu, wie stark sich ein Unternehmen mit Humankapital befasst. Das ist zwar akzeptanzfördernd im Umgang mit Personalabteilungen, hilft aber nichts im Umgang mit anderen Stakeholdern wie Kapitalgebern.
Wo sehen Sie die Vorteile Ihres Ansatzes „Saarbrücker Formel„?
Die Saarbrücker Formel führt erstens und anders als die Indikatorenansätze zu einer in Euro ausgedrückten Bewertung des Humankapitals und macht Humankapital damit zu einer wirklich betriebswirtschaftlichen Größe. Die Saarbrücker Formel ist zweitens und damit anders als beispielweise Workonomics eine Asset-Bewertung: Sie leitet nicht einfach das Humankapital aus allgemeinen Gewinngrößen ab, sondern bewertet das Ertragspotenzial des Personalvermögens. Die Saarbrücker Formel ist drittens und damit anders als Vorschläge mit riesigen und letztlich beliebig einsetz- und interpretierbaren Kriterienkatalogen eindeutig ein Weg aus der Unverbindlichkeit. Das mögen zwar nicht alle Betroffenen, genau dies aber ist der Weg für die Personalabteilung zum wirklichen Business Partner.
Wie gut wird Ihr Instrument in den Unternehmen angenommen?
Mit dem Erfolg der Saarbrücker Formel sind wir alle voll zufrieden:
- Sie hat maßgeblich personalwirtschaftliches Denken geprägt und klar gemacht, was eigentlich Humankapital ist; immerhin hat sie es selbst in TV-Sendungen wie PlusMinus und „Menschen bei Maischberger“ geschafft.
- Sie ist in vielen Hochschulen in die Lehre eingegangen, manchmal als kontroverser Diskussionsstoff, manchmal als konkretes „number crunching“; hierzu hat sicherlich auch die kostenlose Software beigetragen, die wir zur Verfügung stellen.
- Sie hat unzweifelhaft Prognosequalität, was sich im Rahmen unserer DAX30-Studie vor allem an der Hypo Real Estate gezeigt hat.
- Sie ist anders als diverse Beraterkonzepte im Sinne eines offenen Standards für alle einsetzbar. Deshalb reichen die Anwendungsvarianten von der einfachen Tabellenkalkulation bis zur komplex-mathematischen Formelumformung.
- Sie wurde inzwischen von einer ganzen Reihe von Unternehmen angewendet: zur Berichterstattung, zur personalwirtschaftlichen Steuerung, zum Benchmarking.
- Sie ist in diverse andere Modelle eingegangen, so unter anderem in die Arbeit von Kaevan Gazdar und seine Unternehmensbewertungen für das Good-Company-Ranking im Manager Magazin. Auch hierzu hat es interessante Diskussionen mit Unternehmen gegeben
Wie wollen Sie Ihren Ansatz weiterentwickeln?
In der Zukunft wird vor allem die Initiative Kompetenz4HR die Humankapital-Diskussion verstärken. Derzeit arbeiten wir beispielsweise an einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt, das sich auf Basis der Saarbrücker Formel mit der Kompetenzmessung und der Entwicklung eines dazugehörigen Controllings gerade für kleine und mittlere Unternehmen beschäftigt. Zu dieser Kompetenz4HR-Initiative gehört auch, dass wir uns mit Vertretern aus Forschung und Praxis über die externe HR-Berichterstattung Gedanken machen; hier gibt es unter anderem Berührungspunkte zur Human Resources Alliance. Wichtig wird auch ein Durchdringen von zusätzlichen Querbeziehungen sein: So ist eine Diskussion der Zusammenhangs zwischen Humankapital und extremem Darwiportunismus unerlässlich, der seit langem prognostizierten Kombination aus Darwinismus und Opportunismus, die spätestens 2008 offenkundig wurde. Denn: Die Humankapitalbestimmung ist kein Selbstzweck, sondern ein kleiner – aber wichtiger – Schritt in Richtung auf ein neues Personalmanagement.
Der Impulskreis betont, er sei offen für Anregungen zur Weiterentwicklung seines Instruments und suche weitere Unterstützer, die dem HPI zum Durchbruch verhelfen: Wären Sie hierfür zu gewinnen – und wenn ja / nein, warum?
Grundsätzlich sind wir für alle sinnvollen Kooperationen offen.