FAZ: Ein lesenswerter „Weckruf an die aktuelle Studentengeneration“ … den sie aber nicht lesen wird.

Heute steht in der FAZ ein wirklich lesenswerter WECKRUF. Ihm ist voll zuzustimmen (auch wenn ihn die Betroffenen nie lesen werden).

Nach über 40 tollen Jahren an der Universität finde ich das ganze schade und deshalb nur zwei  zufällige Anmerkungen:

Damalige Proteste von Professoren gegen den Bologna-Unsinn wurden massiv (!!) vom ASTA bekämpft. So wurden Professoren, die sich beispielsweise gegen die Zwangszäsur zwischen Bachelor und Master aussprachen, als „ewig gestrige“ beschimpft. Der Universitätspräsident konnte es sich auch nur deshalb vor drei Jahren erlauben, die Einführung eines wirklich studentenfreudlichen und (!) leistungssteigernden BWL-Diploms zu verhindern, weil er auf die Unterstützung  des ASTAs gegen die BWL-Professoren zählen hat können.

Konsequenz: Die Teile der „68er-Generation“, die sich aktiv für andere Studienbedingungen eingesetzt und sie durchgesetzt hatten – bis sie auch dank der Studenten abgeschafft wurden -, treten alterbedingt gegenwärtig ab, und ziehen sich aus der aktuellen Diskussion zurück, weil sie bei den Studenten keine Ansprechpartner und in der Universitätsleitung nur Gegner finden.

Selbst wenn man versucht, der „Generation Bologna“ zu helfen, rennt man gegen Mauern. So halte ich ausserhalb vom regulären Lehrprogramm seit einiger Zeit regelmäßige Kolloquien, um Studierenden zusätzlich zu den Sprechstunden bei Abschlussarbeiten zu helfen. Als Resonanz kommt nicht etwa ein „schön, dass Sie das anbieten (und viel Zeit intensivieren)“, sondern immer wieder die Fragen nach dem Muster „wollte erfahren wie die Kolloquiumbesuche in die Bewertung mit einfließen und wie die Verpflichtung der Besuche sind“.

Konsequenz: Zur Zeit prüfe ich,  ob ich diese Kolloquien (und einige andere Dinge)  abschaffe. Die Welt wird dadurch für mich und meine Mitarbeiter leichter – und offenbar auch für die Studenten.

2009 war ich noch (begrenzt) optimistisch. ( z.B. -> hier ).  Jetzt kann ich nur Neil Postmann zustimmen, wenn er sagt:

„Die Menschen in ‚Schöne neue Welt‘ leiden nicht daran, dass sie lachen, statt nachzudenken, sondern daran, dass sie nicht wissen, worüber sie lachen und warum sie aufgehört haben nachzudenken.”

Dieses Zitat habe ich versuchsweise auch in diesem Semester in meine Vorlesung aufgenommen. Und jetzt kommt die positive Nachricht: Es hat bisher noch niemand gefragt, ob es klausurrelevant ist.

(christian scholz)